Realien

Realien
Re|a|li|en 〈Pl.〉
1. wirkl. Dinge, Tatsachen
2. Sachkenntnisse
3. die Wissenschaften von der Wirklichkeit, neusprachl. u. naturwissenschaftl. Fächer; Sy Realwissenschaften
[→ real]

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Re|a|li|en <Pl.>:
1. wirkliche Dinge, Tatsachen.
2. Sachkenntnisse.
3. (veraltet) Naturwissenschaften als Grundlage der Bildung u. als Lehrfächer.

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Reali|en
 
Plural,  
 1) allgemein: wirkliche Dinge, Tatsachen; Sachkenntnisse.
 
 2) in der Geschichte der Pädagogik und der Schule Sachfächer, d. h. insbesondere Naturwissenschaften als Grundlage einer allgemeinen Bildung. Die Realien wurden in Gegensatz zu den »Humanoria« (Studium der alten Sprachen) gestellt, weshalb auch lebende Sprachen zu den Realien gerechnet wurden. Die »Weltkunde« (J. H. Pestalozzi) wurde nach unterschiedlichen Konzepten und unter verschiedenen wechselnden Bezeichnungen unterrichtet, im Allgemeinen: Mathematik/Rechnen, Erdkunde, Geschichte, Naturkunde (Biologie) und Naturlehre (Physik, Chemie), und zwar in der Muttersprache sowie Französisch (später auch in anderen lebenden Fremdsprachen). Realien wurden zuerst im 17. Jahrhundert als Unterrichtsgegenstände gefordert, und zwar von W. Ratke und v. a. von J. A. Comenius, der »alle Dinge« bereits in der Elementarstufe ansprechen wollte. A. H. Francke konzipierte für die Franckeschen Stiftungen neben der Lateinschule eine eigene mittlere, auf Realien ausgerichtete Schulart, J. J. Hecker eine im Sinne des Merkantilismus direkt auf Tätigkeiten in Handel, Handwerk und Gewerbe vorbereitende Realschule (mit Französisch). Wie der Pietismus sah auch der Philanthropismus Erziehung zur »gemeinnützigen« Lebenstüchtigkeit als Aufgabe an; J. B. Basedow plante für das Dessauer Philanthropin neben der Gelehrtenschule (Gymnasium) realistische Land- und Bürgerschulen. J. M. Gesner reformierte nicht nur die altsprachliche Didaktik, sondern führte Realien und Muttersprache ins braunschweigisch-lüneburgische Schulwesen ein (1738). Der realistischen Bildung wurde vom Neuhumanismus bloßer Utilitarismus vorgeworfen; so konnte F. I. Niethammer seine fortschrittliche, auch eine Realschule umfassende Schulordnung für Bayern nur kurzfristig durchsetzen. In Preußen jedoch, wo es die um ein Gymnasium erweiterte heckersche Realschule (unter A. G. Spilleke) gab, wurden 1832 die allgemein bildenden »höheren Bürger- und Realschulen« (die keine direkte berufliche Orientierung mehr hatten) eingerichtet. Sie gingen 1872 in der preußischen »Mittelschule« auf (Realschule); von den 1859 entstandenen zwei Formen der Oberrealschule wurde eine seit 1882 Realgymnasium, die andere 1892 gleichberechtigte Oberrealschule. Nur in ihr wurde z. B. Chemie unterrichtet. Physik war schon seit 1800, verstärkt ab 1850 Schul- und zum Teil auch Prüfungsfach des Gymnasiums, wurde aber erst in der Oberrealschule auf eine methodisch angemessene Basis gestellt. Biologieunterricht fasste nach naturkundlichen Vorstufen in den Philanthropinen und bei Pestalozzi im 19. Jahrhundert Fuß, und zwar als Unterricht in der linnéschen Systematik; an der Volksschule wurde Naturkunde, ebenso erdkundliche und historische Aspekte, ab 1908 im Fach behandelt. (naturwissenschaftlicher Unterricht, Sachunterricht)
 
 
W. Schöler: Gesch. des naturwiss. Unterrichts im 17. bis 19. Jh. (1970).
 

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Re|a|li|en <Pl.>: 1. wirkliche Dinge, Tatsachen. 2. Sachkenntnisse. 3. (veraltet) Naturwissenschaften als Grundlage der Bildung u. als Lehrfächer.

Universal-Lexikon. 2012.

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